„Das ist die stillste Zeit im Jahr…“ beginnt ein bekanntes Weihnachtslied von Norbert Wallner. Das Lied stammt aus dem Jahr 1945 – einer Zeit, als man froh war, wenn die Familie den Krieg überlebt hatte und man für jede noch so geringe Gabe Dankbarkeit empfand. Das Verständnis, dass die Wochen zwischen den Totengedenktagen im November und dem Weihnachtsfest eine Zeit der Stille und besinnlichen Vorbereitung sein sollen, ist tief in unserem Kulturkreis verwurzelt. Die Datierung des Geburtstags Jesu auf den 24. Dezember geht auf das vierte Jahrhundert nach Christus zurück, und wir alle wissen, dass es der Kirche damals nicht nur um biblische Argumente ging. Jüdisch-messianische Quellen setzen die Geburt des Messias eher rund um das Laufhüttenfest an, das wäre in unserem Kalender etwa im September. Wenn wir ehrlich sind, ist uns auch klar, dass die „stillste Zeit im Jahr“ auch etwas mit dem Wetter und der geringen Anzahl an Tageslichtstunden in unseren Breiten zu tun hat. In Australien oder Kalifornien, wo auch Weihnachten gefeiert wird, sind die Wochen vor Weihnachten weit weniger „still“. Trotzdem ist es wichtig, innezuhalten: „Seid still und erkennt, dass ich Gott bin!“ ruft uns Gott in Psalm 46, 11 zu. In einem Kommentar von John J. Parsons ist zu lesen, dass das hebräische Wort “rapha“ הָפָר ,das mit „seid still“ übersetzt wird, noch folgende Bedeutungen beinhaltet: loslassen; die Kontrolle abgeben; aufhören, sich selbst anzustrengen; auf Gottes Versorgung vertrauen; inneren Frieden finden. Dabei ist der Kontext dieses Verses aus Psalm 46 alles andere als ruhig: Vielmehr ist von Sturm, tobenden Völkern, Kriegsgeschrei und Verwüstung die Rede. Genau in solchen Situationen fordert uns Gott auf: „Seid still!“. „Durch Umkehr und Ruhe werdet ihr gerettet. Im Stillsein und Vertrauen liegt eure Stärke“ (Jesaja 30,15). Versuchen wir, trotz allen Trubels die Adventszeit zu nutzen, uns darauf zu besinnen, was es bedeutet, dass uns vor über 2.000 Jahren in Bethlehem ein Retter geboren wurde.
Gabriele Enderby für die FCSO